Was ist Fantasie
Sie ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens – sie ist eines der Werkzeuge unseres Verstandes. Aber was und wie ist sie genau?
Die Frage kann man in einem Satz beantworten:
Phantasie oder Fantasie (altgriechisch φαντασία phantasía – „Erscheinung“, „Vorstellung“, „Traumgesicht“, „Gespenst“) bezeichnet eine kreative Fähigkeit des Menschen.
Wikipedia
oder
Fähigkeit, Gedächtnisinhalte zu neuen Vorstellungen zu verknüpfen, sich etwas in Gedanken auszumalen
oder
Produkt der Fantasie, (nicht der Wirklichkeit entsprechende) Vorstellung
Aber ist es so einfach und was bedeutet das?
Versuchen wir einen Ansatz von einer anderen Seite:
Realität, Vorstellungskraft und Fantasie
Die Realität
Realität ist wohl alles, was sehbar, greifbar, schmeckbar und hörbar ist.
Ich sitze hier, fühle den Stuhl, sehe die Tastatur, den Bildschirm, den Raum.
Jetzt grade meine Realität.
Natürlich ist das nur meine Realität – eingeschränkt.
Und alles wird von meinen Sinnen interpretiert.
Dann könnten wir also davon ausgehen, dass meine Realität das ist, was meine Sinne aus allen aufgenommenen Reizen für mich bereitstellt.
(Außer wir leben in einer Matrix – aber das führt wohl zu weit :))
Die Vorstellung
Alles außerhalb meiner Sinneseindrücke unterliegt meiner Vorstellung. Den Flur außerhalb des Zimmers hier sehe ich nicht. Allerdings weiß ich, wie er aussieht (zumindest wie er vor ein paar Minuten ausgesehen hat). Unsere Küche – von der habe ich eine genaue Vorstellung. Ebenso wie von anderen Orten, an denen ich gewesen, von denen ich gelesen oder eine Reportage gesehen habe. Ich gehe mal davon aus, dass der Eiffelturm Realität ist, obwohl ich noch nie da war.
Was wäre wenn?
Aufbauend auf der Vorstellungskraft geht die Phantasie noch einen Schritt weiter.
Am besten finde ich wird sie durch die Frage “was wäre, wenn” beschrieben.
Was wäre, wenn der Boden des Wohnzimmers aus Lava bestünde und die Couch und Sessel Felsen wären? Was wäre, wenn das Bett ein Piratenschiff wäre?
Fantasie in der Kindheit
In der Kindheit erwacht die sie sehr schnell und ist ein ständiger Begleiter. Spielend gestalten gesunde Kinder Ihre Welt. Im Spiel wird sie trainiert und viele Kinder gelangen hier zu wahren Meistern. Zwischen 3 und 6 Jahren – den sogenannten magischen Jahren – ist sie besonders stark ausgeprägt.
Die Herausforderung ist es dann, die Phantasie über die Spielphase hinaus zu fördern. Je mehr das tägliche Leben mit Schule, Ausbildung und Beruf einnimmt, desto mehr flacht die Fantasie ab.
Die Rolle der Fantasie in verschiedenen Kulturen
Sie ist in allen Kulturen tief verwurzelt und wird durch Mythen, Geschichten und Kunst ausgedrückt. In der griechischen Mythologie inspirieren die Musen Künstler und Denker, während die japanische Kultur durch Manga und Anime globale Kunst und Literatur prägt. Diese kulturellen Ausdrucksformen zeigen, wie universell und bedeutend die sie ist.
Unsere tägliche Fantasie
Wie jede andere Fähigkeit ist auch die Fantasie bei dem einen mehr ausgeprägt, bei dem anderen weniger.
So finden wir die verschiedensten Persönlichkeiten, die für unsere Gesellschaft alle wichtig sind und die Vielfalt ausmacht. Der Zahlenmensch, der von ihr wenig hält bis zum Schriftsteller, dessen Kernkompetenz die Phantasie ist.
Trotz verschieden starker Ausprägung begleitet uns Fantasie überall. In unserer auf Leistung und Funktionalität ausgerichteten Gesellschaft tritt sie aber in den Hintergrund.
Warum eigentlich?
Gute und böse
Kann man sie in gut und böse einteilen? Klar, es gibt nicht nur gute Fantasien.
Nicht jede Phantasie fördert Wohlbefinden. Angefangen von der Vorstellung, dass andere etwas Schlechtes über uns sagen könnten über Zukunftsängste bis zu Horrorvorstellungen – auch das sind Fantasien.
Wie alles im Leben gibt es auch in der Fantasie nicht nur schwarz und weiß. Das meiste ist grau. Wir müssen uns die Fähigkeit antrainieren, mit diesen Gegebenheiten umzugehen.
Kreativität
Kreativität in allen Facetten setzt Fantasie voraus. Sie ist quasi der Grundstock, auf dem hier alles aufbaut.
Ich denke, dass die Phantasie auch unbewusst zur Idee führt. Die Idee ist dann die Grundlage, auf der Kreativität entstehen kann.
Fantasie und Empathie
Auch Empathie – also die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen – setzt Phantasie voraus.
Was denkt der andere – oder was fühlt eine Person? Keine dieser Fragen können wir sicher beantworten. Aber durch Fantasie verknüpft mit Beobachtung können wir uns mehr oder weniger in andere hineinversetzen. Auch das kommt heutzutage viel zu kurz.
Liegt es vielleicht an einem Mangel an Phantasie, dass viele andere Kulturen als Bedrohung ansehen (beidseitig)?
Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur Fantasie
Die moderne Neurowissenschaft hat gezeigt, dass die sie eng mit dem präfrontalen Kortex des Gehirns verbunden ist. Diese Region ist verantwortlich für komplexes Denken, Planung und Problemlösung. Regelmäßiges Training der Fantasie kann diese Fähigkeiten stärken und das kreative Potenzial steigern.
Phantasie und psychische Gesundheit
Sie spielt eine entscheidende Rolle für unsere psychische Gesundheit. Kreative Aktivitäten wie Malen, Schreiben oder Musizieren können Stress abbauen und helfen, emotionale Herausforderungen zu bewältigen. Sie bieten eine Flucht aus dem Alltag und ermöglichen es, positive Ausblicke zu entwickeln, die zur mentalen Stabilität beitragen.
Fantasie in der modernen Technologie
In der heutigen Technologie ist sie unverzichtbar. Innovationen wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) basieren auf unserer Fähigkeit, neue Welten und Möglichkeiten zu erdenken. Diese Technologien erweitern die Grenzen unserer Realität und bieten neue Wege der Interaktion und des Lernens, indem sie die Vorstellungskraft nutzen und fördern.
Fanta- oder Phantasie?
Phantasie ist die alte Schreibweise. Nach der neuen Rechtschreibreform heißt es jetzt Fantasie. Ein Fehler ist aber keine Schreibweise – beide dürfen laut Duden genutzt werden.
Kann man sie trainieren?
Wie jede Fähigkeit ist auch Phantasie trainierbar. Manche können das besser, andere schlechter. Wie z.B. tanzen. Durch Übung und Interesse gelangen hier einige zur wahren Meisterschaft. Andere können aber zumindest die Grundschritte erlernen und sich auf der Tanzfläche bewegen. Ebenso lässt sie sich auch trainieren. Wenn man sich öfters mal die “was wäre, wenn” Frage stellt und sich die Ruhe gönnt, der Phantasie freien Lauf zu lassen, fällt es mit der Zeit immer leichter, sich darauf einzulassen (wenn man möchte).
Wie wichtig ist Fantasie
Vielleicht hat der eine oder andere schon gemerkt, dass ich Phantasie für eine unterschätzte Gabe halte.
Nicht nur, dass sie unser tägliches Leben mitgestaltet – auch wenn wir das so nicht immer wahrnehmen, Phantasie ist eine Fähigkeit, die uns bei vielen Herausforderungen des Lebens hilft.
Unsere Gesellschaft steht vor einigen Herausforderungen, die uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen werden. Klimakrise und Digitalisierung sind nur einige, die mir hier einfallen. Etwas Fantasie in Verbindung mit der Courage wenigstens über andere Meinungen nachzudenken würde uns einiges erleichtern und vielleicht neue Wege und Innovationen aufzeigen, die unsere Gesellschaft auch gehen könnte.
Aber nicht nur im Großen und Ganzen kann uns Phantasie helfen. Auch im täglichen Leben würde uns Zeit für die “was wäre, wenn” Frage sehr guttun.
„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“
Albert Einstein
Zum weiterlesen:
https://www.psymag.de/15448/erfolgreicher-kuenstler-kreativitaet-steigern/
https://www.psymag.de/15482/steigere-kreativitaet-kreativitaet-steigern/